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Rehkitzrettung mit der Wärmebilddrohne im Frühjahr

Das Absuchen von Wiesen vor dem Mähen, um Rehkitze, Junghasen und Bodenbrüter zu schützen, ist eine wichtige Aufgabe der Jägerinnen und Jäger in Zusammenarbeit mit den Landwirten. Viele Jagdvereine und Kreisjägerschaften haben dank der Förderprogramme des Bundes eine oder bereits mehrere Drohnen mit Wärmebildkamera angeschafft. Die Jägerschaft nimmt mit der Kitzrettung eine wichtige gesellschaftliche Funktion im Arten-, Natur- und Tierschutz wahr. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, dass bei der Kitzrettung selbst mit der Wärmebilddrohne zahlreiche Faktoren zu beachten sind, um die Erfolgschancen zu erhöhen. In einem Video haben wir die 7 häufigsten Fehler bei der Kitzrettung zusammengestellt und zeigen Lösungen aus dem Praxiseinsatz auf.

Kitzrettungseinsatz bietet Chance sich als Jungjäger zu engagieren

Gerade für Jungjägerinnen und Jungjäger bieten Kitzrettungsaktionen im Frühjahr eine großartige Möglichkeit, sich zu engagieren, aktiv zu werden und neue Kontakte zu knüpfen. Eine erste Anlaufstelle sind die Kitzretter- und Drohnenteams in den regionalen Jagdvereinen und Kreisjägerschaften.

Praxiseinsatz Rehkitzrettung:

Es ist kurz nach 4.30 Uhr Uhr am Morgen, Nebel liegt über den unendlich erscheinenden Wiesenflächen. Die Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch den Nebel, der Morgentau liegt auf den Blüten und den Grashalmen. Noch ist alles still und friedlich. Doch nur wenige Kilometer entfernt rüstet sich bereits der Landwirt und baut ein Front- und Heckmähwerk an den großen 300-PS-Traktor. Mit bis zu 30 Stundenkilometern und einer Mähbreite von neun Metern wird er gleich über die Wiesenfläche fahren, um Silage für seine Milchkühe und die Jungrinder zu gewinnen. Volker Lein ist Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes und erklärt, wie wichtig die frühe Mahd ist:

„Wie jeder private Haustierhalter möchten wir unsere Tiere bestmöglich versorgen. Dazu gehört zwingend das Eiweiß des jungen Grases, welches zu Silage verarbeitet wird. Dieses eiweiß- und energiereiche Gras auf den Wiesen ist wichtig für eine gesunde und optimale Versorgung von Milchkühen und die Aufzucht von Jungtieren. Allerdings werden jetzt nicht alle Wiesen gemäht, viele blühen zuerst aus und das Gras wird später zur Heugewinnung genutzt. Wir benötigen sowohl die Silage als auch das Heugras. Damit vermeiden wir außerdem den Import und den Einsatz von Sojaprodukten aus Südamerika“.

Sicherheit geht vor: Absuchen vor dem Mähen

Rehkitze müssen vor dem Mähen aus den Wiesen getragen werden, damit sie nicht verletzt oder getötet werden. Symbolfoto: Markus Stifter

Rehkitze müssen vor dem Mähen aus den Wiesen getragen werden, damit sie nicht verletzt oder getötet werden. Symbolfoto: Markus Stifter

Bevor jedoch die scharfen Klingen des Kreiselmähers das fast mannhohe Gras in kürzester Zeit mähen, muss die Wiesenfläche nach verstecktem Leben abgesucht werden. Rehkitze haben, gerade in den ersten Tagen nach dem Setzen, noch keinen natürlichen Fluchtinstinkt. Umso wichtiger ist es, diese vor dem Mähwerk in Sicherheit zu bringen. Ungeschützt haben die kleinen Rehkitze kaum eine Chance zu entkommen. Die Deutschte Wildtier Stiftung schätzte bereits vor einigen Jahren, dass rund 100.000 Rekitze jährlich beim Mähen getötet oder schwer verletzt werden. Um das zu verhindern, hat der Landwirt einige Tage zuvor den Jagdpächter des Reviers benachrichtigt. Gemeinsam mit dem Drohnenteam des örtlichen Kreisjägervereins sollen rund 35 Hektar Wiesenfläche Quadratmeter für Quadratmeter aus der Luft abgesucht werden, um das Jungwild vor dem Mähtod zu bewahren.

Video Kitzrettung:

Im Video „Vermeide diese 7 Fehler bei der Kitzrettung“ werden die „Fallstricke“ erläutert, die den Erfolg einer Kitzrettungsaktion beeinträchtigen können.

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Rechtliches bei der Kitzrettung: Wer ist eigentlich für das Absuchen der Wiesen zuständig?

Grundlage bildet § 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG). Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen (Quelle: Rechtsanwalt Björn Schöbel). Niemand darf also einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Nach § 17 des Tierschutzgesetzes droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe, wer (1) ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder (2) einem Wirbeltier a.) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder b.) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt.

Somit ist der Landwirt verpflichtet entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, dass z. B. beim Mähen von Wiesen keine Rehkitze verletzt oder getötet werden aber auch der Jagdausübungsberechtige hat eine Mitwirkungspflicht. Die Beauftragung eines Lohnunternehmers entbindet den Landwirt übrigens nicht von dieser Pflicht, sondern er muss die Aufgaben explizit übertragen und zuverlässig ausführen lassen.

Kitzrettung macht Freude!

Eine Kitzrettungsaktion ist mit frühem Aufstehen und Arbeit verbunden – dennoch ist es ein unbeschreiblich schönes Gefühl, ein Jungtier vor dem sicheren Mähtod zu bewahren. Für Jungjäger bietet die Suche außerdem noch eine gute Gelegenheit, neue jagdliche Kontakte zu knüpfen.

Wie rette ich Rehkitze richtig? 7 Fehler bei der Rehkitzsuche

1: Jäger/Landwirte: Schlechte oder gar keine Kommunikation

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der funktionierenden Kommunikation zwischen Jägern und Landwirten vor dem Mähtermin. Landwirte sollten frühzeitig Kontakt zu den Jagdpächtern aufnehmen und den ungefähren Mähtermin mitteilen. Auch Jäger können proaktiv auf Landwirte zugehen und nachfragen. Es ist wichtig, Telefonnummern und E-Mail-Adressen auszutauschen, insbesondere nach einem Pächterwechsel. Jäger können sich frühzeitig mit Kitzrettungs- oder Drohnenteams in Verbindung setzen. Der genaue Mähtermin wird meist kurzfristig bekanntgegeben und hängt vom Wetter ab. Die Kommunikation am Mähtag ist entscheidend. Die Drohne sollte frühmorgens eingesetzt werden, solange die Bodentemperatur niedrig ist und Kitze auf dem Wärmebild leicht erkennbar sind. Es ist wichtig, die Gesamtflugzeit zu planen und genügend Akkus mitzuführen. Sobald das Jungwild gesichert ist, sollte mit dem Mähen begonnen werden.

Dies hat zweierlei Gründe:

  • Je mehr Zeit zwischen dem Abfliegen bzw. dem Absuchen und dem Mähen vergeht, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere Geißen vielleicht ihre Kitze erst nach dem Überfliegen auf der Wiesenfläche ablegen.
  • Außerdem sollte das gesicherte Kitz so schnell als möglich freigelassen werden, damit es wieder säugen kann. Rehkitze säugen, laut Literaturangaben, zwischen 3- und 11-mal am Tag, Einzelfallbeobachtungen berichten sogar von 19 Säugevorgängen binnen 24 Stunden.

 2: Keine Fluggenehmigung für die Kitzrettung– Was nun?

Es gibt zahlreiche Gründe, warum an manchen Orten der Einsatz von Drohnen nicht möglich oder gar verboten ist. Denkbar wären zum Beispiel Naturschutz-, Landschafts- oder Wasserschutzgebiete. Aber auch Sicherheitszonen in der Nähe von Flughäfen oder anderen gefährdeten Bereichen können das Fliegen mit der Drohne unmöglich machen. Auch in der Nähe von Autobahnen oder Bundesstraßen können die technischen Helfer verboten sein. Vorab sollte man sich also immer informieren, ob in dem Gebiet, in dem gesucht werden soll, Einschränkungen bestehen und wer für eine Aufstiegsgenehmigung oder gar eine Sondergenehmigung zuständig ist. Bereits bei der Planung muss also an alles gedacht werden, um böse Überraschungen am Mähtag zu vermeiden.

3: Keine One-Man-Show aber auch kein Unterhaltungsprojekt: Wie viele Helfer benötige ich bei der Rehkitzrettung?

Drei bis vier Personen sollten bei der Kitzsuche anwesend sein. Eine Person, die die Drohne fliegt, ein Spotter, der den separaten Monitor beobachtet und zwei Helfer, die das gefundene Jungwild bergen und sichern können. Zu viele Menschen auf der Wiese sind dagegen kontraproduktiv, es sollte immer bedacht werden, dass jeder Kontakt purer Stress für die Tiere bedeutet, gerade auch deshalb sollte immer zügig bei der Bergung und Sicherung von Kitzen vorgegangen werden.

4: Niemals auf nur eine Methode verlassen

Scheuchen, manuelles Absuchen, akustische Signale oder der Drohnenflug: Eine Kombination von verschiedenen Maßnahmen bringt in der Regel den besten Erfolg. Scheuchen wie Müll- oder Papiersäcke, die über Zaunpfosten platziert werden, sind hilfreich, um führende Ricken von den Wiesen fernzuhalten. Um den Effekt der Vergrämung zu verstärken, eigenen sich zusätzlich Flatterbänder oder Alustreifen, die sich im Wind bewegen und Geräusche erzeugen. Batteriebetriebene Campingradios (am besten einen Nachrichtensender einstellen) können ebenfalls aufgestellt werden. Wichtig bei diesen Methoden ist der richtige Zeitpunkt: Scheuchen & Co. sollten immer erst am Abend vor der Mahd aufgestellt werden.

Müllsäcke, die über Zaunpfosten gestülpt werden, flattern im Wind und erzeugen neben der Bewegung noch Geräusche. Die Rehgeißen vermeiden es in der Regel Kitze dieser vermeintlichen "Gefahr" auszusetzen. Doch alleine darauf sollte man sich nicht verlassen. Foto: Markus Stifter

Müllsäcke, die über Zaunpfosten gestülpt werden, flattern im Wind und erzeugen neben der Bewegung noch Geräusche. Die Rehgeißen vermeiden es in der Regel Kitze dieser vermeintlichen „Gefahr“ auszusetzen. Doch alleine darauf sollte man sich nicht verlassen. Foto: Markus Stifter

Bevor der Landwirt am Morgen das Mähwerk startet, sollte die Wiese zusätzlich abgesucht, oder – im besten Fall – mit einer Wärmebilddrohne überflogen werden. Gut geeignet ist eine ungefähre Flughöhe von 30 Metern, um die Kitze im hohen Gras erkennen und später sichern zu können. An Waldrändern, unter Bäumen und Sträuchern sollte zusätzlich immer manuell abgesucht werden, da das Wärmebild hier keine Chance hat.

5: Ein Hilfsmittel, welches nie vergessen werden sollte

Um ältere Rehkitze, die eventuell bereits fliehen, sicher einfangen zu können, sollte man nie einen großen Kescher vergessen. In der Praxis hat es sich übrigens bewährt, die Drohne über der gefundenen Wärmebildsignatur stehen zu lassen, so dass die Helfer den Standort des Kitzes leichter finden. Über zwei einfache Handfunkgeräte können sich der Drohnenpilot bzw. der Spotter einfach verständigen. Man wundert sich manchmal, wie schwierig es ist, das Kitz zu finden, auch wenn die Drohne direkt darübersteht.

6: Ein mögliches Todesurteil: Kitze ohne Handschuhe anfassen

Man sieht es leider selbst noch heute in den sozialen Medien, dass Jungtiere ohne Handschuhe angefasst werden. Dabei sollten man immer vermeiden, dass Jungtiere die menschliche Witterung annehmen. Am besten ist es, Einmalhandschuhe zu tragen und damit noch ein paar dicke Grasbüschel abzureißen. Die frischen Pflanzensäfte überdecken zusätzlich die menschliche Witterung. Das Kitz oder anderes Jungwild wird dann auf den Grasbüscheln in die Sicherungsbox getragen, die ebenfalls mit Gras ausgepolstert sein sollte.

7: Fiffis Reisetasche ist nichts für Rehkitze oder anderes Jungwild

Bei der Verwahrung der Kitze muss an einiges gedacht werden, beispielsweise an die Luftzufuhr in der Aufbewahrungsbox. (Unbenutzte) Wäschekörbe haben sich bewährt, denn zum einen bieten sie genügend Luftlöcher, zum anderen können sie vorab beim Transport platzsparend ineinander gestapelt werden. Das Kitz in eine schattige Umgebung tragen (bitte immer auf den Stand der Sonne achten), Wäschekorb umgekehrt über das Kitz legen und mit einem Gewicht sichern. Mit ein paar Zeltheringen und Spanngurten lassen sich die Körbe übrigens ebenfalls gut am Boden fixieren. Bitte keine benutzten Haustiertransporttaschen oder ähnliches verwenden, da ansonsten die Witterung auf das Kitz übergehen könnte.

Medienberichte über unsere Kitzrettungsaktionen

Video: Hessenschau über die Kitzrettungsaktion:

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Artikel: Miriam Rommel und Markus Stifter

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